19. JANUAR 2023 | UKRAINE
„Ich habe so viele Emotionen gesehen …!“ Alona erinnert sich nur zu gern an die unzähligen Momente, bei denen ukrainische Kinder voller Staunen ihre Schuhkartons öffneten.
„Fast jedes dieser Kinder war davon überzeugt, dass diesen Karton jemand gepackt hat, der sie ganz genau kennt“, erzählt die 29-jährige Ukrainerin weiter.
„Wir sagten ihnen dann: ‚Im Himmel gibt es jemanden, der kennt dich besser als jeder sonst‘.“
Und dieses Wissen hat sie selber aus erster Hand durch ihre eigene Weihnachtsgeschichte miterlebt.
Wie ein Riesen-Überraschungsei
„Für viele Menschen in der Ukraine ist das Neujahrsfest wichtiger als Weihnachten. Aber selbst dann bekamen wir nur Süßigkeiten und Kekse, kein Spielzeug“, erinnert sich die heute 29-jährige Alona an ihre Kindheit.
Umso heller strahlt das Licht von jenem Weihnachten in 2003, als sie zu einer Weihnachtsfeier in der nahegelegenen Kirchengemeinde eingeladen wird.
Zum ersten Mal hört sie von einem Gott, der sie kennt, liebt und beschenken möchte. Der Schuhkarton, den sie am Ende des Programms erhält, liegt schwer in ihren Armen und scheint wie ein Beweis für das, was sie gerade erst gehört hatte: Weihnachten bedeutet, dass Gott sich selber schenkt. Und somit viel persönlicher und liebevoller ist, als sie sich jemals hätte vorstellen können.
Den ganzen Nachhauseweg kann sie kaum die Augen von dem Schuhkarton abwenden. „Der Schuhkarton war liebevoll in wunderschönes Geschenkpapier eingepackt“, schwärmt sie. Das Geschenkpapier scheint wie ein Vorbote für ein unvorstellbares Erlebnis.
Und sie hat recht. Als sie den Schuhkarton endlich öffnet, scheint es wie eine Schatzkiste ohne Boden. „Damals kannten wir keine Überraschungseier. Aber der Schuhkarton war genau das: Wie ein Riesen-Überraschungsei.“
Es sind vor allem die Dinge, die wir nicht mehr als etwas Besonderes wahrnehmen, die sie in Staunen versetzen. Der Geruch von Zahnpasta und Seife! Handgeschriebene Zeilen! Buntstifte!
„Wir waren nicht wirklich arm, aber wir hatten nur das, was wir brauchten. Die Buntstifte, die wir besaßen, waren nur für die Schule. Und plötzlich hatte ich so viele neue, bunte Sachen! Ich konnte gar nicht glauben, dass alles für mich war!“
Noch mitten im Freudentaumel fällt plötzlich eine Traurigkeit über die Zehnjährige. Nicht alle ihrer Freunde waren bei der Weihnachtsfeier dabei gewesen. Und nun verpassten sie die Freude, die sie gerade erlebte. Kurzentschlossen teilt sie ihre Geschenke mit ihnen und multipliziert mit einer einzigen Entscheidung die Weihnachtsfreude ins Unermessliche.
Das perfekte Geschenk – für jemand anderen
Als Alona einige Zeit später durch Zufall einen zweiten Schuhkarton erhält, ist es für sie selbstverständlich, dieses Geschenk nicht für sich zu behalten. Ohne nachzudenken gibt die Zehnjährige ihn ungeöffnet an das befreundete Nachbarsmädchen weiter.
Als diese kurze Zeit später mit der Frage: „Woher wusstest du, dass ich Sportschuhe brauchte?“ auf sie zukommt, ist Alona überrascht. Sie hatte angenommen, dass alle Schuhkartons dieselben Geschenke enthalten.
Stattdessen waren in diesem Schuhkarton ganz andere Geschenke – allerdings genau die richtigen! Die Sportschuhe, die ihre Freundin im Schuhkarton fand, waren nicht nur sehnlichst erwünscht, sondern auch noch in der passenden Größe!
Die beschenkte Freundin lässt sich nur zu gern von Alona zum Kinderprogramm der Kirchengemeinde einladen. Wenn diese Christen so großzügig waren und jemand ihre Wünsche erhört hatte, dann wollte sie mehr darüber erfahren.
Die Liebe der Christen und die Wahrheiten der Bibel überzeugen sie. Und so wird sie selber Christ. „Und sie ist es immer noch“, freut sich Alona, die wieder nur darüber staunen kann, wie Gott die Wünsche von Kindern mit Schuhkartongeschenken erfüllt. Und ihnen so beweist, wie sehr er sich eine Beziehung zu ihnen wünscht.
Alona verteilt selber
Für Alona ist „Weihnachten im Schuhkarton“ der Startpunkt für eine Beziehung zu Gott. Und je mehr sie über seinen Sohn Jesus lernt und wie er das Leben bei Gott aufgab, um als Mensch auf dieser Erde zu leben, desto mehr wünscht sie sich, dass auch andere diese Botschaft hören.
Sie beginnt selber in ihrer Kirchengemeinde mit Kindern zu arbeiten. Dass sie selber zur Weihnachtszeit Geschenke von „Weihnachten im Schuhkarton“ verteilen darf, ist ein besonderer Segen. Denn schließlich erinnert sie sich zu gut an ihr eigenes Staunen und was der Schuhkarton hervorgerufen hat. Und obwohl seitdem einige Jahre vergangen sind – die Emotionen sind dieselben.
„Wenn ihr ihre Gesichter sehen könntet, wenn sie ihre Kartons öffnen und genau das finden, was sie sich gewünscht haben“, berichtet sie von diesen magischen Momenten. Und sie berichtet, wie diese Geschenke Türen öffnen, um über Gottes Fürsorge zu sprechen.
Ein Krieg verändert alles
Anfang 2022 will sie dann mit dem Kurs „Die größte Reise“ beginnen, um interessierten Kindern noch mehr von diesem Gott zu erzählen.
Stattdessen beginnen plötzlich Bomben vom ukrainischen Himmel zu regnen und statt der „größten Reise“ beginnt die „große Flucht“. Und während sie und andere Ukrainer von den Horrornachrichten erschüttert werden, fühlt sie sich schmerzlich an 2014 erinnert. Ursprünglich aus der Donbass-Region kommend, war die damals 20-Jährige nach Odessa geflohen. „Meine Gebetsliste war so lang“, erinnert sie sich an die schlimmen Zeiten. „Jede Nacht habe ich so viel gebetet.“
Der Krieg in 2014 bricht ihr das Herz. „Ich fühlte mich hoffnungslos. Immer wieder sah ich tote Menschen. Menschen, die leiden. Es ist schlimm, diese Dinge zu sehen und nicht helfen zu können“, sagt sie.
Doch dann erlebt sie Hilfe. „Der Krieg hat meine Seele zerstört. Aber die Kirche hat meine Seele wiederaufgebaut“, berichtet sie. Die Christen der Kirchengemeinde in Odessa lieben sie ins Leben zurück. Und die furchtbaren Bilder von Krieg und Zerstörung weichen. Und es scheint wieder Hoffnung auf ein gutes Leben in der Ukraine zu geben.
Bis Februar 2022.