LIEBE IM ÜBERFLUSS
Schuhkartonverteilung für polnische Kinder mit besonderem Liebesbedürfnis
15. DEZEMBER 2021 | POLEN
Wir haben Anfang dieser Woche eine kurze Reise in unser Nachbarland Polen unternommen und euch ein paar Eindrücke der Schuhkarton-Verteilungen mitgebracht. Gestern (14. Dezember) besuchten wir eine Spezialschule für Kinder mit Behinderung und erlebten dort, wie eure Schuhkartons in Empfang genommen wurden.
Wenn besondere Kinder was Besonderes bekommen
Die Schule ist ein großes Haus, das an diesem grauen Nebeltag fast ein bisschen gespenstig aussieht. Nackte Bäume, leerstehende Ruinen, Schneeüberreste, ein kleiner Tannenbaum kläglich dekoriert – es scheint wie ein trübsinniger Ort ohne Lebensfreude.
Doch sobald wir uns der Tür nähern, wird ersichtlich, dass dieses Haus voller Leben und Wärme ist. Die liebevollen Papierdekorationen am Fenster geben den ersten Hinweis und sobald wir die schwere Tür öffnen, dringt laute Tanzmusik an unser Ohr. Doch sobald die Lehrerinnen und Erzieherinnen sehen, dass die Gäste angekommen sind, brechen sie ihre Tanzstunde ab und beginnen uns zu bewirten. Während wir Kekse und Kaffee bekommen, beäugen uns die Schüler mit leichtem Argwohn. Sie sind es nicht gewohnt eine solche Gruppe bei sich zu sehen. Doch schon stiehlt sich das ein oder andere Lächeln über ihre Gesichter.
Kurz darauf treffen auch die „Weihnachten im Schuhkarton“-Ehrenamtlichen ein. Mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen singen die fünf Ehrenamtlichen (inklusive Lebkuchenmann) erst ein Lied, bei dem einige der Kinder begeistert die Bewegungen mitmachen. Jakub*, ein junger Mann mit Down-Syndrom, vergräbt ab und zu vor lauter Freude sein Gesicht in den Händen.
Als die Gruppe dann erzählt, wie Gott die Welt erschaffen hat und sich seit Anfang eine Beziehung zu uns Menschen wünscht, hören die Schüler gebannt zu. Die Lehrerinnen tätscheln beruhigend Hände und die Fürsorge für die Kinder mit unterschiedlichsten Behinderungen wird sichtbar.
„Gott schenkt seinen Sohn – Jesus – damit wir nie allein sein müssen. Er ist das größte Geschenk für uns“,
erzählt eine der jungen Frauen, die erst vor rund eineinhalb Jahren Christin geworden ist und der man die Liebe zu Jesus mit jedem ihrer Worte abspüren kann. Nach einem kurzen Abschlussgebet werden endlich die Kartons verteilt. Jedes Kind wird mit Namen nach vorne gerufen. Einige kommen zögernd, andere brauchen die Stütze der Lehrerinnen.
Jedrick*, der im Rollstuhl sitzt und seinen Kopf nicht einmal von alleine heben kann, wird trotz aller Eingeschränktheit ganz aufgeregt, als sein Schuhkarton auf seinen Schoß gelegt wird. Auch hier spürt man wieder die Liebe der Ehrenamtlichen: Die Schuhkartons, die liebevoll von euch gepackt wurden, werden hier ganz bedacht den Kindern, deren Leben nicht einfach ist, überreicht.
Die älteren Kinder, die über 20 Jahre sind, aber geistlich sich manchmal kaum von den Achtjährigen unterscheiden, bekommen statt Schuhkartons Schulranzen voller Geschenke geschenkt. Eine christliche NGO hat diese bereitgestellt, damit alle Schüler, ob klein oder groß, an diesem Tag beschenkt werden können.
Und dann geht es endlich ans Öffnen der Schuhkartons. Magdalena* reißt die Arme hoch, als sie den ersten Blick in ihren Schuhkarton wirft. Vor allem die Farben der vielen Geschenke scheinen es der Teenagerin mit Down-Syndrom besonders angetan zu haben. Es dauert eine Weile, bis sie das erste Geschenk herausnimmt – so viel Freude hat sie nur am Staunen über den vollen Schuhkarton.
Später zeigt sie eine Packung mit bunten Markern, die es ihr besonders angetan haben. Doch als wir nach ihrem Lieblingsgeschenk fragen, hält sie stolz ein anderes Geschenk hoch – eine Zahnpasta!
Krystynas* Schuhkarton scheint perfekt für das junge Mädchen zu sein. Ganz viele pinke Geschenke scheinen aus dem Karton zu quellen. Für das Mädchen, das bereits eine pinke Leggings und pinken Haarschmuck trägt, genau das Richtige. Und so bestaunt sie nach und nach die pinke Bürste, einen pinken Rucksack – aber vor allem die pinke Taschenlampe ist ein absolutes Wow-Geschenk für sie. Und während selbst die Lehrerin über all die Geschenke staunt und sich für Krystyna freut, kann diese sich am Licht der neuen Taschenlampe kaum satt sehen.
Jakub*, der einen Ranzen bekommen hat, ist voller Freude über das Kuscheltier und die neuen Socken, die er daraus hervorholt. Immer wieder breitet sich ein Strahlen auf seinem Gesicht aus und stolz zeigt er ebenfalls seine Zahnpasta am Tisch herum. Es ist Freude pur – echt und ungeschminkt.
Doch nicht alle tragen ihre ungetrübte Freude so auf den Lippen wie Jakub. Stanisław* und Mikołaj* sind sehr verhalten und lächeln nur schüchtern, während sie vor ihren Kartons sitzen. Olek*, der auf dem Sofa schläft und dessen Schuhkarton ungeöffnet neben ihm steht, lässt sich von dem Gewusel um ihn herum nicht aufwecken.
Und auch Andrzej* hat Schwierigkeiten seine Freude auszudrücken. Doch immer wieder führt er die verschiedenen Geschenke an sein Gesicht – das kleine neue Auto, die Knete – es ist seine Art sich den vielen Geschenken anzunähern. In einem unbeobachteten Moment schmiegt er den Teddy an eine Wange und verpasst ihm dann einen vorsichtigen Kuss.
*Namen geändert
Schon bald müssen wir aufbrechen. Die Weihnachtsüberraschung mit Schuhkartonverteilung hat die meisten Kinder ermüdet. So viel Neues und Schönes – es ist Liebe im Überfluss. Als wir uns verabschieden sind wir dankbar für die unermüdliche Arbeit der Lehrerinnen, die sich um Kinder wie Krystyna und Olek kümmern und ihnen täglich zur Seite stehen. Wir sind dankbar für die Ehrenamtlichen, die – wenn eines der Kinder zum Kurs „Die größte Reise“ kommt, zu dem alle eingeladen sind – sich rührend um es kümmern werden. Und dankbar dafür, dass wir durch eure Päckchen Hand-in-Hand mit diesen Menschen zusammenarbeiten, damit Kinder in schwierigen Lebenssituationen mit der Liebe Gottes berührt werden.